2025 - Das Jahr des Herrn

  • Mach unser Leben zu einem Fest

    Ilse Pauls

    Wir haben keinen Wein mehr!
    Keine Hoffnung, keinen Glauben,
    keine Liebe.
    Unsere Krüge sind leer,
    ausgeronnen,
    alles verschenkt,
    alles vergeudet. –
    Wir sind wie
    ausgebrannte Tonkrüge. –
    Mühsam holen wir Wasser
    von weit her.
    Ein gewöhnliches Wasser
    unseres Lebens.
    Verwandle Du es
    in den Wein der Liebe,
    in köstlichen Frohsinn,
    in überschäumendes Lachen.
    Mach unser Leben zu einem Fest.

     

    Aus: Ilse Pauls, Der innere See, Internationaler Literatur und Lyrik Verlag, Wien 1993 (2. Aufl. 1996).  

     

     

     

    Wenn Neues kommt

    Maria Schlackl, Sr. SDS

    Wenn Sichtweise und Generationenwechsel stattfindet
    nicht nur im Haus Nazareth

    Spannende Kommunikation zwischen Mutter und Sohn zwischen Altem und Neuem zwischen
    Menschlichem und Göttlichem Anweisung
    Abweisung Innere Weisung

    Kippt die Stimmung? Wer merkt das schon?

    Wandlungsprozesse beginnen
    im Dazwischen durch Tun
    und Geschehenlassen

    Durch vertrauensvollen Glauben werden volle Wasserkrüge
    zu köstlichem Wein

    Wird Mühe des Alltags allmählich zum FEST wird öde Leere
    zu sprudelnder Lehre zu erfülltem LEBEN

    Bleib festlich gestimmt im Wandel der Zeiten

     

    © Sr. Maria Schlackl SDS
    https://salvatorianerinnen.at/engagement/verkuendigen-als-frau-in-der-kirche/lebensimpulse-sms/

     

    Es gibt Oasen in der Wüste

    Christa Spilling-Nöker

    Es gibt
    Oasen in der Wüste,
    leuchtendes Morgenrot am Ende der Nacht,
    Quellen unter Geröll
    und eine Hand, die dich auch in den
    dunkelsten Stunden fest hält.

    Es gibt
    Türen, die sich wieder öffnen,
    Worte, die das Schweigen durchbrechen,
    Gesten der Versöhnung
    und erste Schritte auf dem Weg
    zu einem Neuanfang.

    Es gibt
    Farben des Regenbogens,
    Knospen aus trockenen Zweigen,
    Trauer, die uns reifen lässt
    und ermutigenden Segen
    für dich und mich.

    Christa Spilling-Nöker in: Im Dunkel glüht der Funke Hoffnung. Herausgegeben von Claudia Peters. Verlag am Eschbach der Schwabenverlag AG, Eschbach 2010.

    Fürbitte zum Jahresschluss
    Michael Meyer

    Herr,
    du hast uns voll Unruhe geschaffen,
    du hast uns zu Fremden gemacht
    in dieser Welt.
    Laß uns unruhig sein
    über unser geringes Werk.
    Laß uns unruhig sein
    über die Größe deiner Güte.
    Laß uns unruhig sein
    über die verrinnende Zeit
    und jede verlorene Stunde.
    Laß uns unruhig sein
    über unsere Sünde
    und die Schuld aller Menschen.
    Laß uns unruhig sein
    und dein Gericht erwarten in jedem Augenblick.
    Laß uns unruhig sein
    und in der Unruhe Glauben halten.
    Laß uns unruhig sein,
    bis dein Wille geschieht unter uns.
    Vater,
    mit der Bitte, daß du in Segen wandelst,
    was in unserer Hand verdorben ist,
    gedenken wir aller,
    denen wir im vergehenden Jahr begegnet sind,
    der Menschen,
    die wir lieben,
    und derer,
    die uns zu schaffen machen;
    aller gedenken wir,
    denen wir nahe waren,
    aller,
    die uns fremd und feind wurden,
    und aller,
    die wir verloren haben.
    Segne sie - segne uns!

    Aus Michael Meyer, Nachdenkliche Gebete im Gottesdienst. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen 1988.

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    am Jahresende

    Phil Bosmans

    Ein Jahr geht zu Ende. Was ist dir von ihm geblieben?
    Vielleicht Enttäuschungen und Misserfolge,
    ein Haufen Ärger und graue Haare.
    Vielleicht ein leiser Schmerz im Herzen,
    weil alles so schnell gegangen ist?
    Fühlst du vielleicht zum ersten Mal, dass jedes Jahr
    von deinem Leben ein Stück abschneidet?
    Denk mal ruhig darüber nach. Es kann ja nicht schaden,
    wenn du ein paar Illusionen los wirst.
    Aber es wäre eine Katastrophe, solltest du den Mut verloren
    haben und den Glauben an das kommende Jahr.
    Suche weiter nach Frieden.
    Suche nach unbelasteter Verbindung zu Gott.
    Er kann dir die leeren Hände füllen und das leere Herz.

    Aus: Phil Bosmans, Leben jeden Tag. 365 Vitamine für das Herz. Übertragen und herausgegeben von Ulrich Schütz. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2008 (1999).

    • Familienleben

      Maria Schlackl, Sr. SDS

      WAS macht es für dich aus?
      WAS macht es für dich schön?
      Was macht es für dich ganz schön
      schwer?

      Familie
      Individuen leben zusammen
      Jeder hat seinen Willen

      Eigen-willig
      den eigenen Willen
      für sich beanspruchen
      und
      einander zugestehen
      den je eigenen Weg zu gehen
      und
      zusammen wachsen
      ganz schön
      herausfordernd
      wenn plötzlich eine-r
      ausreißt
      unvermutet
      eigene Weg geht
      Suchwege
      Sehnsuchtswege
      Berufungswege

      Wenn Eltern und Heranwachsende
      einander nicht mehr verstehen

      Wenn eine-r
      den Weg zu sich
      und
      zu Gott sucht
      und ihn geht
      und selbst zum WEG wird
      für jene
      die ausbüchsen
      aus dem Üblichen
      die verstanden haben:
      Mein Weg mit Gott
      ist einzig
      zielführend
      da finde ich mich
      da finde ich meinen Lebens-Auftrag

       

      © Sr. Maria Schlackl SDS
      https://salvatorianerinnen.at/engagement/verkuendigen-als-frau-in-der-kirche/lebensimpulse-sms/
      https://salvatorianerinnen.at/salvatorianerinnen/srmaria-schlackl-sds/

       


    • Leben in der Familie

    • Autor unbekannt

      Gott und Vater,
      du hast den Frieden in unserer Familie gewahrt
      oder uns immer wieder neu geschenkt.
      Wir danken dir.
      Behüte uns und hilf, uns gegenseitig in Liebe
      zu tragen und zu ertragen.
      Gib uns den guten Willen zur Versöhnung
      nach jedem Streit
      und die Kraft zu einer ehrlichen Aussprache
      bei Zwistigkeiten.
      Schenke uns Verständnis füreinander.
      Schütze auch unsere Lieben,
      die nicht gesund sind,
      denen wir im Geist und bei allzu seltenen
      Begegnungen verbunden sind.
      Gib unserer Familie auch die Kraft,
      sich nicht denen zu verschließen,
      die unsere Nähe und unsere Hilfe brauchen.
      Du liebst alle Menschen,
      dich wollen wir lieben in unseren Nächsten.
      Bleibe bei uns. Amen.

       

      Aus: Gebete für das ganze Leben, St. Benno Verlag Leipzig 2004.

    • Mutter und Kind

    • Ilse Pauls

      Seltsame Verbindung
      zwischen Mutter und Kind,
      unsichtbare Nabelschnur,
      die niemals zerreißt,
      ein Leben lang.
      Mitfreuen, mitleiden, mitfühlen
      über Kontinente hinweg,
      loslassen,
      aber doch nicht vergessen,
      zuschauen,
      aber doch nicht eingreifen,
      gebraucht werden,
      aber nur für kurze Zeit,
      warten,
      aber doch nichts erwarten,
      lieben,
      auch wenn es weh tut.

       

      Ilse Pauls.

    • Licht und Wärme

      Phil Bosmans

      Um in diesen Weihnachtstagen glücklich zu sein, brauchst du Licht und Wärme, kein kaltes Neonflimmern und keine Wärme, die eine Heizung liefert. Du brauchst Licht im Herzen, um den Sinn des Lebens zu sehen, und die Wärme lieber Menschen, die dich gern haben.
      In Armut und Kälte ist einer in die Welt zu allen Menschen gekommen, der mit seinem ganzen Leben Licht und Wärme sein wollte. Wenn du offen bist für das Geheimnis des Menschen, offen wie ein Kind, wirst du Licht empfangen und Wärme fühlen.

       

      Phil Bosmans in:: Ludger Hohn–Morisch (Hrsg); Für jeden Tag ein gutes Wort. Herder Verlag Freiburg – Basel – Wien 2005.

       


    • Sternstunden der Menschlichkeit

      Pierre Stutz

      Du lässt dich ein auf unsere Welt,
      bekräftigst uns hinter den vielen Lichtern
      unsere Sehnsucht nach Geborgenheit zu erkennen.

      Du lässt dich finden in unseren Städten
      öffnest die Augen für die Vereinsamten
      holst uns heraus aus dem hektischen Gefangensein

      Du schaffst vertrauensvolle Augenblicke
      schenkst uns Sternstunden der Menschlichkeit
      die zum Innehalten und Aufatmen bewegen

      Weihnachten ist das Fest
      des geschenkten Lichtes.
      Wir feiern einen herabgestiegenen Gott,
      der uns durch seine Menschwerdung beschenkt
      mit seiner zärtlichen Nähe,
      seiner Sympathie in schweren Stunden
      seinem Lachen und Weinen
      seiner Spur zur Ewigkeit.

      Verwandle unsere Ohnmacht

      Christus, dich suche ich
      in den Augen der Menschen
      in der Stille beim Wandern
      im Lächeln der Kinder
      im Anstoßen beim Fest
      im Brechen des Brotes
      im Schreien der Verzweifelten
      in der zärtlichen Umarmung
      im mutigen Einsatz für Gerechtigkeit

      Komm und verwandle unsere Ohnmacht
      mit deinem Licht der Hoffnung
      alle Tage unseres Lebens.

      Aus: Pierre Stutz, Meiner Hoffnungsspur folgen, Der Begleiter durchs Jahr, Stuttgart 2005.

      Weihnachten

    • Geruch der Schafe

      Franziskus (Papst)

      Die evangelisierende Gemeinde stellt sich durch Werke und Gesten in das Alltagsleben der anderen, verkürzt die Distanzen, erniedrigt sich nötigenfalls bis zur Demütigung und nimmt das menschliche Leben an, indem sie im Volk mit dem leidenden Leib Christi in Berührung kommt. So haben die Evangelisierenden den „Geruch der Schafe“, und diese hören auf ihre Stimme. Die evangelisierende Gemeinde stellt sich also darauf ein, zu „begleiten“. Sie begleitet die Menschheit in all ihren Vorgängen, so hart und langwierig sie auch sein mögen. Sie kennt das lange Warten und die apostolische Ausdauer. Die Evangelisierung hat viel Geduld und vermeidet, die Grenzen nicht zu berücksichtigen.

      Aus: Evangelii Gaudium, Papst Franziskus, Rom 24. November 2013.


    • Advent?         
      Paul Weismantel

    • Wenn Dunkelheit sich allmählich lichtet,

Gottes An-spruch

Heribert Arens

Nicht der Mensch muss den Anfang machen, damit Gott Mensch wird.
Gott selbst ergreift die Initiative. Gott selbst spricht den Menschen an, möchte den Menschen durch seinen An-spruch in Anspruch nehmen, möchte den Menschen für seinen An-spruch begeistern.
Am Anfang steht Gott, einladend, werbend:
"Ich möchte durch dich Mensch werden."
Sei es in jener geschichtlichen Stunde bei Maria, sei es in jeder Stunde der Geschichte bei mir oder dir:
Gott macht den Anfang.
Was er braucht?
Empfängliche Menschen, offen für seinen An-spruch;
begeisterungsfähige Menschen, offen für seinen Geist;
schöpferische Menschen, offen für seine unerschöpflichen Möglichkeiten;
tatkräftige Menschen, durch die seine Gedanken Hand und Fuß bekommen, menschliche Gestalt annehmen; kurz: Menschen wie Maria!

Aus: Heribert Arens, Gott, du bist so menschlich. Beobachtungen und Meditationen zum Lukasevangelium, Pfeiffer München, 1982.

 

weil Gott mich liebt

Andrea Schwarz

Adventlich leben - von Maria zu lernen. Mensch sein - bereit für Gottes Ruf, für sein Einbrechen in den Alltag. Stehen bleiben, auf Gott schauen, ihn auf mich zukommen lassen - und »Ja« sagen - voll Zweifel, voll Hoffnung und doch voll Liebe. Sehnsüchtig sein nach dem, was noch nicht ist, suchen, hoffen, erwarten. Lauschen, hinschauen, zu verstehen versuchen, Neues probieren, mich berühren lassen - aufbrechen. Meinen Weg gehen im Namen dessen, der mit mir geht. Das Leben probieren, weil es mir einer zugesagt hat. Die Lebendigkeit nicht verkaufen, bloß weil es dann einfacher und billiger wäre. Mich berühren lassen auf die Gefahr hin, dass ich verletzt werde. Zart sein können, weil Gott selbst mich umarmt. Mit meinen Schwächen stark sein, weil Gott mich liebt. Mich von meiner Angst nicht überwältigen lassen, weil meine Hoffnung größer ist. Glauben, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Vertrauen, weil die Liebe immer noch lebt.

Der Grund ist Gott. Der Grund ist ein Kind. Der Grund ist, dass Gott sich ganz klein macht, damit er in unser Leben hineinpasst. Der Grund ist, dass er unser Leben weit macht und zu neuen Horizonten führt, unsere Grenzen übersteigt. Der Grund ist, dass Gott Mensch wird, damit wir Menschen endlich Mensch sein können.

Und das allein ist Grund genug.

Aus: Andrea Schwarz, Und jeden Tag mehr leben. Ein Jahreslesebuch. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2003.

 

  • Wir stehen am Anfang eines neuen Kirchenjahres
  •  Richte dich auf. Das ist die Adventsbewegung.
  • Richtet euch auf und erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe.
  • 'Keine weihnachtliche Stimmung ohne Weihnachtsmärkte …'

  •  

    Maria Schlackl, Sr. SDS

    Stimmt das -
    nachdenklich?
    Macht es ratlos?

    Schafft es Freiraum?

    Unbegreifbare Kräfte
    haben unser aller Leben
    im Griff

    Wer begreift
    was grad los ist?

    Wer ergreift die Chance
    das LEBEN neu
    auszurichten
    sich neu
    aufrichten zu lassen
    erhobenen Hauptes
    einen gangbaren Weg zu suchen?

    Inmitten aller Wirrnis
    glauben …
    mein Lebensstern
    er geht auf – in meinem Herzen
    in meinem Denken und Fühlen
    während
    ‚Sternchen‘ vom Himmel fallen
    und früher oder später
    verglühen

    Der wachsame Mensch
    bleibt
    in seinem Element
    sicher gehalten

    Gott ist kein Populist
    Gott ist heilsamer
    Lebensraum für ALLE

    Atme auf
    es ist Advent!


Helene Renner (2021)

Gott der Herr
schenke uns seinen Segen
und lasse uns die Ruhe finden
die wir brauchen
um ihm zu begegnen.

Er lasse den Tau des Himmels auf uns herab
damit unsere Hoffnung auf Gottes Kommen
wachsen
und unser Glaube sich erfrischen kann.

Er schenke uns neu das Vertrauen
dass er wirklich kommt

und wir ihn erkennen

als den Gott
der uns liebt und an uns denkt
seit dem Tag
an dem wir geboren wurden.

 

Wann ist Advent?

Paul Weismantel

Wenn Dunkelheit sich allmählich lichtet,
wenn jemand auf Vergeltung verzichtet,
wenn Vergessenes wieder aufleuchten will,
wenn Verborgenes erscheint, zärtlich und still:

Wenn Geschwätziges leise und sacht verstummt,
wenn das Herz ein Lied der Sehnsucht summt,
wenn Menschen sich als Geschwister erkennen,
wenn sie einander Bruder und Schwester nennen:

Wenn müde Augen zu leuchten beginnen,
wenn wir uns auf Jesu Kommen besinnen,
wenn Gottes Charme unsre Sinne berührt,
wenn ein Engel uns zur Weihnacht hinführt:

...dann ist Advent

 

Von Herzen wünsche ich Euch allen

ein gnadenreiche und segensreiche Adventszeit. In dieser Zeit

Heute zünden wir die 1. Kerze an. Der Adventskranz fängt zu leuchten an. Eine neue Zeit beginnt. Und von Sonntag zu Sonntag wächst das Licht. Wir feiern heute, dass Jesus kommt.

Adventsritual

Beatrix Senft

mir Zeit nehmen

alle Alltäglichkeit (versuchen)
kurze Zeit draußen lassen

nichts erwarten
einfach in Stille da sein

eine Hoffnungskerze entzünden
und mich mit ihr „ins Licht setzen“

mich selbst anschauen –
mit wohlwollendem Blick

wahrnehmen die Fülle in mir
wahrnehmen meinen Mangel
meine Verunsicherungen aushalten
meine Stärken fühlen

alles darf sein

mir Zeit nehmen
einfach zu sein

mir die Möglichkeit geben
mir selbst zu begegnen
mit beharrlicher Geduld
im befreienden Eingeständnis
verletzlich und verwundbar zu sein
oft aufgewühlt und hektisch
aber auch mit viel Freude und Vermögen

all das zulassen
zulassen – wie es gerade ist

einfach hier sein
mit mir

mich selbst sehen
mit dem Wimpernschlag einer kleinen Ewigkeit
im leisen Erahnen
wie sich durch mühsame Entwicklungsschritte
eine neue Lebensqualität eröffnet

so einfach sein dürfen
mit mir

und vielleicht -
nur vielleicht -
erahne ich auch DEN

der kommen will
in diese Welt

und vielleicht -
jetzt gerade -
auch zu mir

dafür will ich
still
und offen sein

 

Beatrix Senft, unveröffentlicht.

 

 

 

 

 

Das  JAHR   2024

  •  

    Bist du ein König?

    Paul Weismantel

    Du kommst als Diener aller,
    lebst als Mensch unter Menschen
    und wirst durch deine wehrlos-verwundbare
    Liebe ein verlassener letzter Mensch.

    Du wählst die Karriere nach unten,
    durchbrichst das uralte Schema
    von Herren und Knechten,
    erntest dafür Spott und Hohn,
    bis zum bitteren Ende.

    Du trägst die Dornen,
    die Schläge ins Gesicht
    das Unrecht, das Kreuz,
    damit für uns Unerträgliches
    und Unsägliches
    tragbar werden.

    Du gehst den Weg des Verlierers,
    des Verrats, des Scheiterns,
    der gebundenen Hände,
    des schweigenden Leidens,
    den Kreuzweg als Königsweg.

    Du erlöst die Menschen
    zwischen der überheblichen
    Verachtung des einen
    und der reuigen Bitte
    des anderen Schächers.
    Du versöhnst die Welt
    im Kampf auf Leben und Tod,
    zwischen Erbarmen und Härte
    durch den Sieg der Auferstehung.

    Du ziehst alle an dich
    als der Erhöhte,
    der durch die Erniedrigung gegangen
    und dessen Herrschaft
    nicht von dieser Welt ist.

    Du wirst wiederkommen
    in deiner Macht als König,
    damit wir dort sind,
    wo auch du bist,
    für eine ganze Ewigkeit
    in königlicher Würde.

    Paul Weismantel in: Reinhard Kürzinger und Bernhard Sill, Das große Buch der Gebete. Über 800 alte und neue Gebetstexte für jeden Anlass. Verlag Hohe, Erfstadt 2007.

    Am Ende des Kirchenjahres

    Sonntagsgruß - Konvent der Kamillianer

    Am Ende des Kirchenjahres erinnerst Du, Herr, mich an meine Würde. Du sagst mir heute: „Ich habe dich begleitet, damit du innerlich wachsen kannst!“ Wenn ich gewachsen bin, sage ich Dir heute: Danke!
    Wenn ich stagniere, bitte ich Dich um Deinen Antrieb im kommenden Kirchenjahr.
    Du sagst mir heute:
    „Wenn du wächst, erlebst du etwas vom Reich meines Vaters.“ Lass mich erleben, was das heißt. Denn ich bete doch so häufig mit Deinen Worten: Vater, dein Reich komme!

     

    Aus: Sonntagsgruß der Kamillianer, 93. Jahrgang 2018, 34. Sonntag im Jahreskreis.

     

     

    Gebet aus der Tiefe

    Michael Meyer

    Aus der Tiefe,
    Herr,
    rufen wir,
    aus der Tiefe unserer verrinnenden Zeit.
    Freude ist uns widerfahren,
    und Freude wurde zerstört.
    Wir sind
    dem Leben in seiner herrlichen Fülle
    begegnet
    und der Angst vor dem Tod.
    Wir haben deine Güte erfahren
    und wir haben dich vergeblich gesucht.
    Wir haben gehört
    von deiner künftigen Welt
    und wir fürchten das,
    was auf uns zukommt noch immer.
    Wir sind müde geworden.
    Wecke uns auf
    und komm du,
    Gott.
    Wehre dem zu kommen,
    was uns zerstört.
    Halte die Bosheit fern
    und die Furcht
    und den bösen Tod.
    Komm du,
    Gott,
    und bring Frieden mit,
    Leben ohne die Enge der Schuld.
    Laß den Tag anbrechen,
    der ohne Abend ist.

    Aus: Michael Meyer, Nachdenkliche Gebete im Gottesdienst. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1988.

     

     

    Gebet

    Thomas Morus

    Allmächtiger Gott, nimm von mir allen eitlen Sinn, alles Streben nach Lob, allen Neid, alles Begehren, jede Unersättlichkeit, Trägheit und Wollust, alle Neigung zum Zorn, alle Rachsucht, alle Schadenfreude, alle Lust daran, andere zum Zorn und Arger zu reizen, alle Lust daran, andere in Bedrängnis und Not zu tadeln und zu verletzen.
    So gib mir, guter Gott, einen demütigen, bescheidenen, ruhigen, friedlichen, geduldigen, barmherzigen, gütigen, zarten und zu Mitleid fähigen Sinn, kurz, alle Schattierungen der Nächstenliebe - in allen meinen Worten, in allen meinen Werken, in allen meinen Gedanken, als Vorgeschmack deines heiligen, gesegneten Geistes.

    Thomas Morus in: Erhelle meine Nacht. Die 100 schönsten Gebete der Menschheit. Hg. von Benrhard Lang, C.H.Beck Verlag, München 2004.

    Worauf es ankommt

    Mutter Teresa

    Es kommt nicht darauf an,
    wie viel wir tun, sondern
    wie viel Liebe wir in das legen,
    was wir tun.

     

     

     

     

    Sich liebend begegnen

    Pierre Stutz

    EINANDER ZÄRTLICH BEGEGNEN
    von Herz zu Herz
    die erotische Kraft der Liebenden
    tief ein- und ausatmen

    Einander respektvoll begegnen
    im gegenseitigen Angerührtsein
    im Wahrnehmen der Verschiedenheit
    Nähe und Distanz wagen

    Einander beglückt begegnen
    im Staunen über die Liebe
    im Mitfühlen im Schmerz
    immer einen Leer-raum lassen


    LEER-RAUM IN MEINEN BEZIEHUNGEN
    niemanden haben wollen
    einander zum Werden bestärken
    Tag für Tag

    Zwischen-raum in meinen Begegnungen
    offen sein für das Geheimnis der Liebe
    im dankbaren Staunen
    im fairen Austragen von Konflikten

    Atem-zeit in meinen Beziehungen
    einander Verwandlung zugestehen
    in der Bestärkung zur Selbstannahme
    in der Ermutigung zum Engagement


    MEIN LEIBSEIN GENIESSEN

    meine Gesundheit schätzen
    achtsam mit ihr umgehen
    im Gestalten von Atemzeiten

    Mein Leibsein annehmen
    mit seinen Begrenzungen
    mit seinen Behinderungen
    in gesunden und kranken Tagen

    Mein Leibsein spüren
    in Spiel und Sport
    in handwerklichem Arbeiten
    in zärtlichen Begegnungen


    SICH BERÜHREN LASSEN
    im Annehmen der schöpferischen Kraft
    der Geschlechtlichkeit
    die Menschen zusammenführt

    Sich bewegen lassen
    im Verinnerlichen der erotischen Kraft
    der hoffnungsstiftenden Liebe
    die Menschen aufblühen lässt

    Sich entfalten lassen
    im Wagen von Nähe und Distanz
    jenen Leerraum fördern
    der tragfähige Beziehungen stärkt

    Aus: Pierre Stutz, Atempause für die Seele. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2004.

     

     

     

     

    Ort der Erinnerung

    Ruth Rau

    Es ist gut, dass es einen Ort
    gibt für unsere Erinnerung.
    Einen Ort,
    zu dem wir gehen können
    in unserer Trauer,
    einen Ort,
    den wir mit Blumen
    schmücken,
    um unsere Liebe
    noch ein Stück weit
    nachzutragen.
    Einen Ort der Nähe
    und der inneren
    Zwiesprache.
    Und doch gilt für alle diese
    Gedenkstätten die
    Botschaft,
    die der Engel aus der
    ewigen Welt der Zeitlosigkeit
    brachte:
    "Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten?
    Er ist nicht hier, er ist auferstanden."

     

     

    Frieden

    Anton Rotzetter

    Lebendiger Gott

    Gib Frieden
                uns und allen Toten
    Gib Ruhe
                uns und allen Toten
    Gib Leben
                uns und allen Toten

    Was du den Toten gibst
                gib uns
    Was du uns gibst
                gib allen Toten

    Damit wir eine Gemeinschaft sind
                die Toten
                            seit Anfang der Welt
                und wir
                            die jetzt leben

     

    Aus: Anton Rotzetter; Gott, der mich atmen lässt. Gebete. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 1986.

     

     

    Warum sind wir alle Heilige?

    Ulrich Wilckens

    Aller Heiligen“ gedenkt man am 1. November nur in der katholischen Kirche. Aber auch evangelische Christen können das Gleiche tun. Denn im Neuen Testament werden alle getauften Christen «Heilige» genannt.

    Man vergleiche, wie Paulus die Gemeinde in seinen Briefen anredet und sich verabschiedet. So heißt es zu Beginn seines zweiten Briefes an die Gemeinde im griechischen Korinth: «Paulus … an die Gemeinde Gottes in Korinth samt allen Heiligen in Achaja».

    Warum sind wir alle Heilige? Weil der Geist Gottes selbst uns allen an seiner Heiligkeit teilgibt (Epheser 3,16–19) – schon in unserem Zusammenleben in der irdischen Kirche und ganz gewiss nach unserem Tod, wenn wir durch seine Gnade in die himmlische Kirche unseres Herrn und Heilands Jesus Christus aufgenommen werden.

     

    Aus: Ulrich Wilckens, Was Christen glauben. Fontis 2018.

     

    fehlsichtig

    Hermann Josef Coenen

    Blind bin ich nicht.
    Aber kurz -sichtig.
    Ich sehe nur das, was direkt vor mir liegt,
    was in die Augen springt:
    nur die dicken Überschriften in der „Bild“ ,
    nur die Probleme, die mich unmittelbar berühren.
    Das Kleingedruckte lese ich nicht,
    auf die Details achte ich nicht.
    Nur das Grobe fällt mir ins Auge,
    für Feinheiten habe ich keinen Blick.
    Mein Horizont ist recht eng,
    mein Weltbild sehr eingeschränkt.
    Ich denke nicht weiter und habe wenig Fantasie.
    Längerfristige Pläne mache ich nicht.
    Mein Spannungsbogen und
    meine Geduld reichen nicht weit.
    Ich lebe von der Hand in den Mund,
    von einem Augenblick zum andern
    Blind bin ich nicht. Aber kurzsichtig.

    Blind bin ich nicht.
    Aber weit-sichtig.
    Ich sehe fern.
    Nicht nur „Schwarzwaldklinik“ und „Dallas“,
    auch „Weltspiegel“ und „Internationalen Frühschoppen“.
    Ich engagiere mich für Südafrika und El Salvador,
    für Brasilien und Südvietnam.
    Ich lese Bücher über Welternährung und Waffenexport.
    Nur, was vor meiner Haustür geschieht,
    das sehe ich in meiner Weitsichtigkeit nicht;
    die schwermütige Kollegin,
    die Spüle voll Abwasch zu Hause,
    den überfließenden Mülleimer,
    der geleert werden muss,
    die völlig fertige Frau des Alkoholikers nebenan,
    die Asylanten aus dem Bunker ... die sehe ich nicht.
    Fernsten - Liebe fällt mir leichter als Nächstenliebe.
    Blind bin ich nicht. Aber weitsichtig.
    ...
    Ich brauche einen,
    der meinen „blinden Fleck“ heilt.
    Ich brauche einen, der mich sehen lehrt.

     

    Aus Hermann Josef Coenen, Meine Jakobsleiter, Patmos Verlag Düsseldorf, 1986.

     

    Einübung des Sehens

    Andrea Schwarz

    "Mystik", das Wort hängt zusammen mit dem Wort "myein", die Augen schließen. Die Mystiker schließen die Auge, um innere Bilder zu sehen und um danach die äußeren Bilder so zu sehen, dass sie Wirklichkeit mitteilen, wahrnehmbare Wirklichkeit.
    Wie kommt man dazu? Es beginnt wohl mit der Einübung des Sehens. Wirklich sehen heißt, die Dinge nicht einfordern. Nicht Besitz ergreifen von ihnen. Nicht sie zerstören. Nicht sie missbrauchen. Sich ihnen behutsam nähern, ehrfürchtig, dem Fremden gegenüber. Dabei immer genau sehen. Immer mehr wahrnehmen.
    Sehen heißt darum: verstehen, dass alles ein Geschick hat und dass jedes fremde Geschick dich angeht. Sehen heißt achtsam sein."

    Gott,
    lehre mich hinschauen
    auf die Schönheit deiner Welt
    auf das Leiden
    den Menschen zugefügt
    auf den Baum am Wegrand
    den flackernden Kerzenschein
    das Lächeln im Gesicht des Kindes
    die Traurigkeit im Gesicht der alten Frau
    auf das Funkeln des Weines im Glas
    den Reif auf dem Rosenblatt
    das trostlose Gesicht hinter der Fensterscheibe
    auf die Gebrochenheit in mir

    lehre mich mit neuen Augen sehen
    damit ich sehe
    wenn ich sehe
    hell und dunkel
    heil und gebrochen

    mich und die Welt

    Andrea Schwarz, Wie ein Gebet sei mein Leben. Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2012.

     

    Reichtum

     

    Anthony de Mello

    Der Sannyasi hatte den Dorfrand erreicht und ließ sich unter einem Baum nieder, um dort die Nacht zu verbringen, als ein Dorfbewohner angerannt kam und sagte: 'Der Stein! Gib mir den kostbaren Stein!' 'Welchen Stein?' fragte der Sannyasi. 'Letzte Nacht erschien mir Gott Shiwa im Traum', sprach der Dörfler, 'und sagte mir, ich würde bei Einbruch der Dunkelheit am Dorfrand einen Sannyasi finden, der mir einen kostbaren Stein geben würde, so dass ich für immer reich wäre.' Der Sannyasi durchwühlte seinen Sack und zog einen kostbaren Stein heraus. 'Wahrscheinlich meinte er diesen hier', als er dem Dörfler den Stein gab. 'Ich fand ihn vor einigen Tagen auf einem Waldweg. Du kannst ihn natürlich haben.' Staunend betrachtete der Mann den Stein. Es war ein Diamant. Wahrscheinlich der größte Diamant der Welt, denn er war so groß wie ein menschlicher Kopf. Er nahm den Diamant und ging weg. Die ganze Nacht wälzte er sich in seinem Bett und konnte nicht schlafen. Am nächsten Tag weckte er den Sannyasi bei Anbruch der Dämmerung und sagte: 'Gib mir den Reichtum, der es dir ermöglichte, diesen Diamanten so leichten Herzens wegzugeben.'

    Anthony de Mello, Warum der Vogel singt, Freiburg-Basel-Wien 1992.

    Herr, lass mich treu bleiben

     

    Peter Boekholt

    Treue ist altmodisch,
    erinnert mich an Großvater und Großmutter.
    Treue wird
    verlacht –
    verspottet –
    auf dem Asphalt zertreten –
    verraten –
    bestohlen!
    So geht sie auf Wanderschaft
    in die Bars und Nachtlokale,
    mal hierhin
    mal dorthin.
    Und ich sehe im Park die zwei Alten,
    Arm in Arm
    nebeneinander
    ohne Worte, einander stützend.
    Wie konnten sie nur
    vierzig
    fünfzig
    sechzig Jahre
    treu sein
    und das Abenteuer der Liebe wagen?
    Gott, ich glaube
    treu sein lohnt sich,
    macht frei,
    macht Sinn.

    Herr, lass mich treu bleiben:
    meinem Partner –
    meinem DU
    und Dir

     

    Aus: Peter Boekholt, Im Aufbruch. Wege ins Leben. Kevelaer 1985.

     

     

    Zweiheit

    Ernesto Cardenal

    Liebe ist eine Gegenwart.
    Wir fühlen, daß wir einem anderen gehören und der andere uns. Liebe heißt, sich zwei fühlen, spüren, daß man selbst zwei ist. Liebe bedeutet, sich geliebt fühlen, die Gegenwart eines anderen wahrnehmen, der einen liebt und einem zulächelt. Lieben heißt, der andere sein wollen, wissen, daß man der andere ist und daß der andere man selbst sein will und man selbst ist. Es bedeutet, von sich selbst leer und voll vom anderen sein. Wenn wir den Geliebten ansehen, verwandelt sich die ganze Seele in Blick. Wenn wir seufzen, gießt sich die ganze Seele in den Seufzer. Man weiß sich zwei und fühlt sich identifiziert mit allen Paaren: mit zwei Liebenden, zwei Wolken, zwei vorüberfliegenden Tauben, zwei Sternen.

    Meine Einsamkeit und mein Seufzen in der Nacht fiel immer ins Leere, fand nie ein Echo. Ich war allein. Jetzt hat mein Rufen ein Echo gefunden, da ist jemand, der mich hört. Ich kann ihn nicht sehen in der Dunkelheit und auch nicht hören, aber fast spüre ich in meinem Innern, tiefer innen als ich selbst, Seinen Atem.

    Aus: Das Gesetz der Liebe. Texte und Meditationen von : Ernesto Cardenal, hrsgg. Von Christian Zippert. Kiefel/ Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1996.

     

     

     

     

     

     

     

     

    Gebet

    Hermann Bezzel
    0 Herr Jesu Christe, erbarme dich aller derer, denen deine Frage nach dem Verlorenen und deine Klage über unser Leid zu Herzen geht. Schenke uns nicht Erkenntnis noch Vertiefung, nicht Reichtum des Wissens noch die Fülle des Lebens, sondern schenke uns die erste Liebe, aus der heraus auch das letzte Leid besiegt wird. Gib uns den Anfang, damit das Ende selig, und die Begeisterung der Jugend, damit das Alter gesegnet sei, und all den Reichtum für dich und von dir, damit das Leben in dir selig schließe. Verbirg uns nichts, was in uns wider dich lautet; gehe ins Gericht mit deinen Knechten und Mägden, ehe sie der Sicherheit zur Beute werden. Zerstöre unsere Werke, zerbrich unser Wissen, entblättere alle unsere Blüten, auf daß in der Anfechtung wir nach dir sehen, und dann gib uns den verlorenen Frühling wieder. Schenke uns allen Frührot der Begeisterung mitten in der Hitze der Arbeit, Frührot der Liebe auch am Abend vor der Ruhe, und so verleihe dieser Gemeinde, die in der ersten Liebe sich erbaute, daß die erste Liebe sie vollende, um deiner Erbarmung willen. Amen.

    Aus: Gebete großer Menschen. Zusammengestellt von Sr. M. Lucia OCD. Styria Verlag, Graz Wien Köln 1978.

     

     

     

     

    So wie ein Kind

    Beatrix Senft

    so wie ein Kind

    täglich neu lernen

    ehrlich sein –
    nicht um den heißen Brei herumreden

    mit Neugier und Interesse
    auf das Gegenüber
    zu-gehen

    versinken können im Augenblick

    sich mal richtig zanken können

    Streit schnell beenden

    Bereitschaft zu teilen

    sich freuen können wie ein König

    mit großen Augen
    schauen und
    staunen

    mit der Ausstrahlung von Glück
    lachen können
    bis zum Umfallen


    dem Gegenüber mal schnell
    sagen können
    „ich hab'dich soooo lieb“

    sich vertrauensvoll in die Arme
    der Eltern
    fallen lassen

    ich will es „wachküssen“
    das Kind in mir

    damit Leben
    wieder
    besser
    gelingt

    Beatrix Senft, unveröffentlicht.

     

    Gebet für unsere Erde

    Franziskus (Papst)

    Allmächtiger Gott,
    der du in der Weite des Alls gegenwärtig bist
    und im kleinsten deiner Geschöpfe,
    der du alles, was existiert,
    mit deiner Zärtlichkeit umschließt,
    gieße uns die Kraft deiner Liebe ein,
    damit wir das Leben und die Schönheit hüten.
    Überflute uns mit Frieden,
    damit wir als Brüder und Schwestern leben
    und niemandem schaden.
    Gott der Armen,
    hilf uns, die Verlassenen und Vergessenen dieser Erde,
    die so wertvoll sind in deinen Augen, zu retten.

    Heile unser Leben,
    damit wir Beschützer der Welt sind
    und nicht Räuber,
    damit wir Schönheit säen
    und nicht Verseuchung und Zerstörung.
    Rühre die Herzen derer an,
    die nur Gewinn suchen
    auf Kosten der Armen und der Erde.
    Lehre uns,
    den Wert von allen Dingen zu entdecken
    und voll Bewunderung zu betrachten;
    zu erkennen,
    dass wir zutiefst verbunden sind
    mit allen Geschöpfen
    auf unserem Weg zu deinem unendlichen Licht.
    Danke, dass du alle Tage bei uns bist.

    Ermutige uns bitte
    in unserem Kampf für Gerechtigkeit, Liebe und Frieden.

    Aus: Enzyklika Laudato si’, von Papst Franziskus, Rom 2015.

     

     

     

     

    Gebet

    unbekannte Herkunft

    Herr,
    du hast den Stummen
    die Sprache wiedergegeben,
    um uns zu sagen:
    Erhebt eure Stimme!
    Ich will, dass ihr sprecht.
    Redet!

    Seid nicht stumm,
    wenn irgendwo Menschen Unrecht getan wird.
    Deckt es auf! Macht es publik.
    Redet!

    Seid nicht stumm,
    wenn Gott gelästert wird.
    Am Stammtisch oder in den Medien, gedankenlos oder bewusst,
    Redet!

    Seid nicht stumm,
    wenn Katastrophen hereinbrechen: Feuer, Wasser, Lawinen.
    Bei Frost, bei Hitzewellen und wenn die Erde bebt, redet mit Gott.
    Bittet!

    Seid nicht stumm,
    wenn ihr schweres Leid ertragen müsst, unheilbare Krankheit,
    Verlust, den Tod eines geliebten Menschen. . .
    Betet!

    Seid nicht stumm,
    wenn ihr glückliche Stunden erlebt,
    wenn alles sich zum Guten wendet.
    Jubelt!

    Seid nicht stumm,
    wenn ihr euren Glauben bekennen könnt,
    heimlich oder offen vor aller Welt.
    Jubelt!

    Seid nicht stumm,
    wenn euch etwas gelungen ist,
    eine Hoffnung sich erfüllt hat.
    Dankt!

    Seid nicht stumm,
    wenn Gott euch begegnet ist,
    in einem Ereignis, in einem Menschen, in der Stille.
    Dankt!

    Du hast uns Stummen, Herr, die Sprache gegeben,
    wie du den Stummen in Galiläa die Sprache wiedergegeben hast.
    Damit wir beten und jubeln, danken und bitten und ja sagen können
    zu deinem Wort, sodass es alle hören.

     

     

     

     

    „Viel Kälte ist unter den Menschen"

    Sonntagsgruß - Konvent der Kamillianer

    weil wir es nicht wagen, uns so freundlich zu zeigen, wie wir wirklich sind“, sagte der Arzt Albert Schweitzer.
    Diesen Satz hänge ich von Zeit zu Zeit an unsere Pin-Wand im Klinikflur vor der Kirche. Es liegt mir sehr am Herzen, Menschen damit aufzurütteln.

    Leute, denen ich unterwegs begegne, schaue ich freundlich an oder grüße sie. Auf ihren Gesichtern sehe ich manchmal die Reaktion:
    Kenn ich die? ...Meint sie jemand anderen? …. Oder: Spinnt die? ….
    (Auch Kinder sind es nicht gewohnt, von anderen freundlich bemerkt zu werden: verwirrte, gar erschreckte Gesichtsausdrücke sind oft die Antwort.)

    Aus: Sonntagsgruß 35/2015 (Jahrgang 90), Konvent der Kamillianer Freiburg 2015.

     

     

    Wunsch auf den Weg
    Immer dann, wenn die Liebe nicht ganz reicht,
    wünsche ich Dir GROSSHERZIGKEIT.

    Immer dann, wenn du verständlicherweise auf Revanche sinnst,
    wünsche ich Dir MUT ZUM VERZEIHEN.

    Immer dann, wenn sich bei Dir das Misstrauen rührt,
    wünsche ich Dir einen Vorschuss an VERTRAUEN.

    Immer dann, wenn Du mehr haben willst,
    wünsche ich Dir die SORGLOSIGKEIT der Vögel des Himmels.

    Immer dann, wenn Du Dich über die Dummheit der anderen ärgerst,
    wünsche ich Dir EIN HERZHAFTES LACHEN.

    Immer dann, wenn Dir der Kragen platzt,
    wünsche ich Dir TIEFES DURCHATMEN.

    Immer dann, wenn Du gerade aufgeben willst,
    wünsche ich Dir die KRAFT ZUM NÄCHSTEN SCHRITT.

    Immer dann, wenn Du Dich von Gott und der Welt verlassen fühlst,
    wünsche ich Dir eine unverhoffte BEGEGNUNG, ein Klingeln an der Haustür.

    Immer dann, wenn Gott für Dich weit weg ist,
    wünsche ich Dir SEINE SPÜRBARE NÄHE.   
    (Unbekannter Verfasser)

     

     

     

     

     

    Christus spricht: Komm...

    Gaston Courtois

    Schenke mir deine Unruhe. Es ist nicht vergeblich, wenn man sich mir anvertraut. Aber sage mir alles, was dich beschäftigt. Stütze dich auf mich.Lange, kindlich, liebevoll…
    Und jetzt sei ohne Sorge. Ich selbst werde mich deiner Sache annehmen, oder ich werde dir im geeigneten Moment eingeben, was du tun sollst.
    Komm zu mir mit all denen, die du kennst. Scheue dich nicht, mir Namen zu nennen. Ich liebe sie selber unendlich mehr, als du dir vorstellen kannst. Empfiehl sie einen nach dem anderen meinem Segen.
    Komm zu mir mit deinen Hoffnungen, Plänen und Wünschen.
    Niemand kann dir besser helfen als ich.
    Verlange alles, dessen du bedarfst. Ich kann dich nur in dem Maße beschenken, wie du mich demütig bittest. Drück dich klar aus…, wiederhole…, dränge...! Ich dürste danach, mehr zu schenken als zu empfangen.
    Ohne mich kommst du nicht weit, aber mit mir werden die Hindernisse überwunden, eins nach dem anderen.

     

    Aus: Abbé Gaston Courtois, Das Gespräch mit Christus. ‎ Cura Verlag, Wien 1967.

     

    Warum zitterst du?

    Martin Gutl

    Wir wissen, daß denen, die Gott lieben,
    alle Dinge zum Besten gereichen.
    (Röm 8,28)

    Warum zitterst du
    und läufst unruhig
    von einem Menschen zum ändern,
    um dich beraten zu lassen?
    Was hält dich ab,
    deine jetzigen Lebensumstände
    als Botschaft Gottes anzuerkennen?
    Warum siehst du nur
    Widrigkeiten und Hindernisse
    und nicht den Anlaß,
    reifer und klarer zu werden?
    Warum erkennst du
    die Möglichkeit nicht,
    den Auftrag deines Daseins
    jetzt wahrzunehmen?
    Gott gibt dir die Gewißheit,
    daß alles einen Sinn hat!

    Aus: Martin Gutl / Wim van der Kallen, Du Quelle in der Wüste. Verlag Styria, Graz Wien Köln 1987.

    Kein Kunstwerk trägt meinen Namen

     

    Herkunft unbekannt

    Keine tolle Leistung gebracht.
    Keinen großen Namen gehabt.
    Keinen Orden für was gekriegt.
    Nie in der Zeitung gestanden.
    Ich lebe.

    Kein Kunstwerk trägt meinen Namen.
    Kein Wunder steht in den Annalen.
    Nichts von mir steht geschrieben.
    Ich bin einfach.

    Doch im entscheidenden Moment
    war ich ein Stück Brot,
    wie ein Stück Wein,
    ein Zeichen der Liebe für einen Menschen.
    Und: Ich war gut - zu mir selbst.

     

     

    SICH KÜMMERN

    Ludger Hohn-Morisch

    Willst du wirklich lieben und glücklich sein, musst du dich um die Menschen kümmern, die dir nahe stehen, die deiner Sorge anvertraut sind, mit denen du zusammenwohnst, sprichst und lachst.
    Sich kümmern bringt im Grunde die Beste aller Gaben: Leben. So kommt auch in dein Leben Farbe und manchmal ein Gefühl von unermesslicher Dankbarkeit.

    Aus: Ludger Hohn-Morisch (Hrsg), Für jeden Tag ein gutes Wort, Herder Verlag, Freiburg Basel Wien 2005.

    DAS LIED VOM BROT

    Huub Oosterhuis

    Das Brot, aus der Erde gewonnen,
    das Brot, von Händen gemacht,
    das Brot schmeckt nach Menschen und Tränen,
    das Brot einer schlaflosen Nacht.

    Das Brot des Kriegs und des Friedens,
    das täglich gleiche Brot,
    das fremde Brot einer Liebe,
    das steinerne Brot im Tod,

    das Brot, das wir teuer verdienen,
    das Geld, unser Leib und Genuß,
    das Brot des Zusammenlebens,
    de ärmliche Überfluss,

    das Brot, das wir essen müssen,
    das Brot, das dem Leben dient,
    wir teilen es miteinander,
    solange wir Menschen sind.

    Du teilst es mit uns, und so teilst du
    Dich selber für alle Zeit,
    ein Gott von Fleisch und von Blut du,
    ein Mensch, dem wir ewig geweiht.

                        

    Aus: Huub Oosterhuis, Mitten unter uns, übertragen von Peter Pawlowsky, Herder-Verlag 1982.

     

     

     

     

    MITTEN AM TAG

    Claudia Nietsch Ochs

    Ich werde still.
    Gott meines Lebens, ich finde mich vor dir ein mitten am Tag.
    Mit meinem Leib, mit meinem Atem,
    mit meinem Denken und Fühlen,
    so wie ich jetzt bin.
    Mit jedem Ein- und Ausatmen möchte ich stiller und hörender werden.
    Ich möchte mich von dir einladen lassen innezuhalten.

    Ich bin gefüllt mit allem, was der Tag bis jetzt gebracht hat.
    Ich lasse diesen Vormittag noch einmal an mir vorüberziehen,
    Stunde um Stunde, Ort für Ort, Begegnung für Begegnung.
    Ich lasse alle Geschehnisse, Gedanken und Gefühle noch einmal aufsteigen.

    Ich will dich loben mit allem, was heute den Glanz deiner Gegenwart hatte,
    Ich will dir danken für alles, was ich tun konnte und was mir gelungen ist.

    Barmherziger, schenke mir Versöhnung und Heilung,
    wo ich meine Kräfte überschätzt habe.
    Schenke mir Versöhnung und Heilung
    für alles Halbherzige und Gleichgültige, für alles Hetzen und Drängen,
    das mich von dir entfernte.

    So bringe ich diesen Tag in der Mitte vor dich:
    Nimm du ihn an.
    Gib mir Zuversicht und Vertrauen in deine Gegenwart:
    für den zweiten Teil dieses Tages,
    für alles, was ich tun kann,
    für alles, was mir geschenkt wird.

    Claudia Nietsch Ochs in: Du bist der Atem meines Lebens. Das Frauengebetbuch. Herausgegeben von Benedikta Hinterberger OP, Andrea Kett, Hildegund Keul, Aurelia Spendel OP. Schwabenverlag / KlensVerlag, Ostfilder 2010.

     

     

     

     

     

    ABENDGEBET

    Franz von Sales

    Herr, ich danke dir für diesen Tag. Verzeih mir, wenn ich ihn nicht ganz in deinem Geiste gelebt habe, so nimm wenigstens meinen zaghaften Versuch, mein Bemühen.
    Ich danke dir, dass ich gesund geblieben bin und dass mir nichts passiert ist. Entschuldige, wenn ich Unrecht getan habe.
    Ich danke dir für die Aufgaben, die dieser Tag von mir forderte und an denen ich meine Kräfte und meine Ausdauer erproben konnte. Entschuldige, wenn ich nicht alles so getan habe, wie es hätte sein müssen.
    Ich danke dir für meine Mitmenschen in der Familie und überall: für ihr Lächeln, ihre freundlichen Worte, ihr Zuhören und dafür, dass sie mich ertragen haben. Entschuldige, wenn ich rücksichtslos und lieblos gegen sie war.
    Ich danke dir für die Freude an allem Guten, das mit heute begegnet ist. Entschuldige, wenn ich durch mein Verhalten die Freude anderer verdorben habe.
    Ich danke dir für die Hoffnung nach jeder Niederlage. Entschuldige, wenn ich anderen eine Enttäuschung bereitet habe.
    Ich danke dir für den Trost in allem Schönen, an dem mein Leben trotz aller Mühseligkeiten und Widersprüche so reich ist. Lass auch die anderen diesen Trost finden.
    Gott, ich danke dir für diesen Tag: Für das Gute, dass ich mit deiner Hilfe getan habe.
    Ich bitte um Verzeihung: für die Schuld, die ich auf mich geladen habe.
    Lass mich in dir geborgen sein.“

    Franz von Sales, in: Andrea Schwarz, Wie ein Gebet sei mein Leben. Exerzitien im Alltag. Freiburg 2002.

     

     

     

     

    HÄNDE

    Beatrix Senft

    Hände – Dir entgegen.
    Hände – um zu geben.
    Hände – zum Empfangen.
    Hände – gehalten auch im Bangen.
    Hände – Dir zu reichen.
    Hände – um zu streicheln.

                Hände – Gott entgegen.
                Erfüll DU, HERR,
                sie mit Leben.

     

    Beatrix Senft, unveröffentlicht

     

    GIB FRIEDEN, HERR, GIB FRIEDEN

    Jürgen Henkys

    Gib Frieden, Herr, gib Frieden,
    die Welt nimmt schlimmen Lauf.
    Recht wird durch Macht entschieden,
    wer lügt, liegt obenauf.
    Das Unrecht geht im Schwange,
    wer stark ist, der gewinnt.
    Wir rufen: Herr, wie lange?
    Hilf uns, die friedlos sind.

    Gib Frieden, Herr, wir bitten!
    Die Erde wartet sehr.
    Es wird so viel gelitten,
    die Furcht wächst mehr und mehr.
    Die Horizonte grollen,
    der Glaube spinnt sich ein.
    Hilf, wenn wir weichen wollen,
    und laß uns nicht allein.

    Gib Frieden, Herr, wir bitten!
    Du selbst bist, was uns fehlt.
    Du hast für uns gelitten,
    hast unsern Streit erwählt,
    damit wir leben könnten,
    in Ängsten und doch frei,
    und jedem Freude gönnten,
    wie feind er uns auch sei.

    Gib Frieden, Herr, gib Frieden:
    Denn trotzig und verzagt
    hat sich das Herz geschieden
    von dem, was Liebe sagt!
    Gib Mut zum Händereichen,
    zur Rede, die nicht lügt,
    und mach aus uns ein Zeichen
    dafür, daß Friede siegt.

    Jürgen Henkys (1980) 1983 nach dem niederländischen »Geef vrede, Heer, geef vrede« von Jan Nooter 1963, in: EG 430.

     

    MeditatiON

     

     

    Größer als die Angst

    Eine Szene am Meer, die ich nicht vergessen werde:

    Die Mutter genießt die Brandung. Sie wirft sich in das aufschäumende Wasser und kreischt vor Vergnügen. Er, eineinhalb Jahre alt, stochert seelenruhig mit seiner kleinen Schaufel am Strand im Sand herum. Da blickt er auf, sieht seine Mutter und läuft ihr tollpatschig entgegen. Die erste kleine Welle überspült seine Füßchen. Er bleibt unsicher stehen. Dann erblickt er das lachende Gesicht der Mutter, geht weiter ‑ und scheitert an einer etwas höheren Welle, die ihn umwirft. Er steht auf, sieht wieder in das lachende Gesicht der Mutter und landet schließlich wohlbehalten in ihren kräftigen Armen.

    Wir brauchen etwas oder jemanden, auf den oder das wir sehen und dem wir vertrauen können, wenn die Wellen des Lebens uns umwerfen. Vieles können wir ertragen, wenn wir Größeres kennen als die Angst. Es kann sein, dass die Frage danach die wichtigste aller Fragen ist.

    Eine Antwort für uns Christen lautet: Wir dürfen ihm vertrauen, weil er bei uns ist!

    (Nach: U. Böschemeyer, Das Leben meint mich. Meditationen für den neuen Tag. SKV Edition, Lahr, z. Auflage 19942, 16. Juli)

     

     

     

     

    MEDITATION - Wachsen

     

    Wachsen – an einer Aufgabe

    Wachsen – an einer Last

     

    Wachsen – in der Liebe

    Wachsen – an den Ansprüchen der Beziehung

     

    Wachsen – in Richtung Sonne

    Wachsen – um dem Dunkel zu entfliehen

     

    Wachsen – weil ich Heimat habe

    Wachsen – damit ich Heimat bin

     

    Wachsen – trotzdem, weil es zu leben gilt

    Wachsen – weil er den Tod überwunden hat.

    Stefan Müller-Guggemos

     

     

    Ein Lob auf den Kompost

    »Wie kann das Befreiende und Heilende wachsen
    in mir, meinen Beziehungen, in der Welt?«,
    fragte die Frau.

    Das Eine ist das Handeln und Planen.
    Der Wille, etwas verändern zu wollen.
    Die Offenheit und Bereitschaft zu kämpfen,
    Dunkelheiten zu durchschreiten, Prozesse zu durchleben.

    Das andere ist das Ruhenlassen,
    ablegen, sein und wirken lassen - wie beim Kompost:

    Es gibt Prozesse, die wirken im Innern,
    Gärungs- und Umwandlungsprozesse.
    Da wirkt die Weisheit im Kleinsten und in der Tiefe.
    Da wächst aus Vergangenem und Verdorbenem
    eine neue Lebenskraft.
    Da geschieht - fürs Auge verborgen -
    Verwandlung und Neubeginn.
    Dann ist das Lassen mehr als das Tun.
    Ein mutiger Akt des Vertrauens.

    Barbara Lehner, aus: Andrea Kett und Hildegund Keul (Hg.), Du gibst meinem Leben weiten Raum, Spirituelle Texte von Frauen. Schwabenverlag, Ostfildern 2011.

     

     

    GIB DEN VERRÜCKTEN KRAFT

    Uwe Rahn

    Wohl denen, die noch träumen in dieser schweren Zeit.
    Wir wollen nicht versäumen, was ihnen Kraft verleiht.
    Lass uns in ihren Spuren gehen und schenk uns Phantasie,
    die Welt im Licht zu sehn.

    Die noch Gefühle zeigen und gegen Unrecht sind,
    die an der Welt noch leiden und weinen wie ein Kind,
    die, guter Gott , lass nicht allein.
    Wir brauchen ihre Wärme.
    Lass sie uns Vorbild sein.

    Und die, die fröhlich lachen, behalt in deiner Hut.
    Die auch mal Unsinn machen, o Herr, schenk ihnen Mut.
    Wir brauchen ihren Lebenssaft – zu nüchtern ist die Welt!
    Gib den Verrückten Kraft !

    Wer Fragen hat und Zweifel, den lade zu dir ein.
    Lass ihn in deiner Kirche bei uns zu Hause sein,
    weil Glaube nur lebendig ist, wo wir gemeinsam suchen –
    so wie du ihn erschaffen – soll andern Segen sein.

     

    Uwe Rahn, Lieder zwischen Himmel und Erde. Düsseldorf: tvd 6. Aufl. 2011, Nr. 94.

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

                          W
    IR BRAUCHEN EINANDER

    Friedrich Funke

    Den einen, weil wir ihn lieben oder er uns liebt,
    den anderen, weil wir ihn nicht lieben oder weil er uns nicht lieben kann,

    den einen, weil er uns kritisiert,
    den anderen, weil er nachgiebig ist mit uns,

    den einen, weil er uns Härte spüren lässt,
    den anderen, weil er nachgiebig ist mit uns,

    den einen, weil er unser Leben in Frage stellt,
    den anderen, weil er uns bestätigt,

    den einen, weil wir Verbindung und Nähe erfahren,
    den anderen, weil wir Distanz und Abstand lernen müssen,

    den einen, weil wir tiefe innere Einheit erfahren,
    den anderen, weil wir Andersartigkeit kennenlernen,

    den einen, weil er uns zu uns selbst führt,
    den anderen, weil er uns zu den Mitmenschen führt,

    den einen, weil er uns Stütze ist,
    den anderen, weil wir ihm Stütze sein können,

    den einen, der uns sagt, was wir tun sollen,
    den anderen, der uns schweigt und uns selbst den Weg finden lässt,

    den einen, der uns immer wieder auf Gott aufmerksam macht,
    den anderen, durch den Gott uns auf etwas aufmerksam macht.

    Wir brauchen einander
    in den verschiedenen Situationen des Lebens
    und so vielfältig unser Leben ist, so vielfältig können auch unsere Beziehungen zu Mitmenschen sein,
    so vielfältig können die Beziehungen in unseren Gemeinschaften sein,
    so vielfältig kann Kirche sein,
    als Ort, wo wir Menschen einander in seinem Namen begegnen.

    Friederike Ferstl, in: Lebenszeichen aus der Stille, Wien 1995.

     

     

     

     

    EIN NEUES HERZ

    Dorothee Sölle

    schaffe in mir gott ein neues herz
    das alte gehorcht der gewohnheit
    schaff mir neue augen
    die alten sind behext vom erfolg
    schaff mir neue ohren
    die alten registrieren nur unglück
    und eine neue liebe zu den bäumen
    statt der voller trauer
    eine neue zunge gib mir
    statt der von der angst geknebelten
    eine neue sprache gib mir
    statt der gewaltverseuchten
    die ich gut beherrsche
    mein herz erstickt an der ohnmacht
    aller die deine fremdlinge lieben
    schaffe in mir gott ein neues herz
    und gib mir einen neuen gewissen geist
    dass ich dich loben kann
    ohne zu lügen
    mit tränen in den augen
    wenns denn sein muss
    aber ohne zu lügen

    Dorothee Sölle

     

     

     

     

    GEBET ZUM HEILIGEN GEIST

    Antony Kolencherry

    Heiliger Geist,
    eins mit dem Vater und dem Sohn,
    deine schöpferische Kraft erfüllt das All mit Glanz und Herrlichkeit.
    Atme in mir deinen Atem des Lebens, der Weisheit und der Menschlichkeit,
    damit ich Zeuge von deiner unendlichen Güte bin.
    Dein lebendiges Feuer möge mich beflügeln,
    mein Inneres durchdringen,
    mich erwärmen und heiligen.
    Entzünde in mir das Feuer deiner Liebe,
    damit ich das Böse besiege,
    die Angst überwinde,
    Freundschaften schließe
    und zur Versöhnung beitrage.

    Heiliger Geist,
    du Feuer und Flamme,
    hilf mir, die Liebe zu entzünden,
    die Herzen zum Glühen zu bringen,
    den Geist zu erfrischen und die Sinne zu erfreuen.
    Beschenke mich mit deinen himmlischen Gaben
    und verwandle mich, damit ich umkehre, wo Umkehr notwendig ist,
    und neu beginne.
    Leite mich auf den rechten, ebenen Pfaden
    und mache mich zum Werkzeug deines Friedens,
    damit ich in den Familien und Gemeinden der Einheit und Eintracht diene.

    Heiliger Geist,
    ich danke dir, dass ich bei dir so wunderbar geborgen bin.
    Sei gepriesen heute und in alle Ewigkeit. Amen.

    P. Antony Kolencherry, Kloster Visitation, 4500 Solothurn, Schweiz.

     

     

     

    Zitat

    Schön zu leben, sage ich,
    obwohl vieles dagegen sprich
    Ich weiß...,
    und wer wüsste nicht...

    Schön zu leben, sage ich heute,
    obwohl ich gestern anderer Meinung war,
    und morgen.
    Was soll’s

    Schön zu leben,
    auf unserem blauen Planeten,
    in dieser Gegend,
    zu dieser Zeit,
    mit diesem umgrenzten Ich.

    Schön zu leben
    und den unvollkommenen Menschen zu lieben,
    dessen Geheimnis zu beweisen ich mich schäme.

    Schön zu leben,
    weil es Dich gibt,
    Nazarener,
    und dein Manifest
    der Hoffnung, an das ich glaube.

    (D. Block)

    MENSCH, ICH HAB DICH GERN

    Phil Bosmans

    Mensch, ich hab dich gern“ –
    sag es weiter mit Worten oder ohne Worte.
    Sag es mit einem Lächeln,
       mit einer Geste der Versöhnung
       mit einem Händedruck
       mit einem Wort der Anerkennung
       mit einer Umarmung
       mit einem Kuss
       mit einem Stern in deinen Augen.

     

    Aus: Phil Bosmans; Vergiß die Freude nicht. Herder Verlag Freiburg – Basel – Wien 1976.

     

    DIE LIEBE

    Elmar Simma

    Die Liebe

    ist langsam im Urteilen und verurteilt nicht,
    bejaht den anderen nicht nur um seiner Leistung willen,
    will dem anderen das Beste,
    kann auch andere Meinungen gelten lassen,
    ist unendlich geduldig,
    nörgelt nicht, wo es dem anderen nichts hilft,
    kritisiert nicht hinter dem Rücken,
    sagt ein offenes Wort, wo es sein muss,
    taktiert nicht um des eigenen Vorteils willen.

    Die Liebe glaubt alles - hofft alles - hört nie auf!

    Aus: Elmar Simma "Hätte aber die Liebe nicht" Gedanken, Impulse, Geschichten für sozial Engagierte und die Caritas-Arbeit heute , Ott-Müller-Verlag,Salzburg,Wien.

                                           
    SEGEN AM TAG

    Rainer Bareis

    Gott, ich möchte mich wandeln.
    Doch an einem einzigen Tag
    kann ich kein anderer Mensch werden.

    Ich will gut sein.
    Lass mich mit einer guten Tat beginnen.

    Ich möchte froh sein
    lass mich die kleinen Dinge,
    die am Wegesrand liegen, sehen.

    Hilf mir,
    dass ich mein Herz
    für dich und für die Menschen öffnen kann.

    Hilf mir,
    dich in meiner Welt zu sehen
    und zu finden.

    Segne mich
    für diesen Tag.

    Aus: Rainer Bareis; Segen. Du bist gesegnet! Segenswünsche, Segensgebete. Kehl Sadifa Media 2007.

     

     

  • 1

Helene Renner (2021)

Wer in mir bleibt
und in wem ich bleibe
der bringt reiche Frucht.

Unser aller Leben
kann nur gelingen
in Einheit mit dir, unserem Gott:

Wenn wir uns an dich binden
wenn wir uns an dir festhalten
wenn du unsere Nahrung bist
wenn du unsere Mitte bleibst.

Wenn wir in dir bleiben
können wir Frucht bringen
reiche Früchte:

Früchte der Barmherzigkeit
Früchte der Zuwendung
Früchte der Verantwortung
Früchte der Liebe.

Wir sind hier bei dir
du bist unsere Speise geworden:
Durchdringe unser Innerstes
gestalte unser Herz
präge unser Denken und Tun
damit wir fruchtbar werden
für dein Reich
und unser Leben
ein erfülltes Leben wird.

 

 

 

MEDITATION  - Ich habe dich beim Namen gerufen

 

Ich habe dich beim Namen gerufen.
So spricht der Herr – ich meine dich – dich ganz persönlich-
Dein Name meint ja nur dich allein.

 

Du bist nicht nur Einerlei – ein Rädchen im Getriebe.
Du bist mehr als nur ein austauschbares Teil in der Weltmaschine.
Du bist kostbar in meinen Augen – mit allen deinen Anlagen, Fähigkeiten.

 

Auch mit deinen Schwächen habe ich dich gerufen.
Und ich will dich immer wieder neu ansprechen und aufrufen:
Leb dein Leben mit mir!

 

Und ich mache mich mit dir auf den Weg, du brauchst in nicht allein zu gehen.

 

Höre hin auf meinen Ruf, und wirst erkennen,
welche Aufgabe ich dir zugedacht habe, wohin ich dich senden möchte.

 

Und halte dich an das Beispiel meiner Mutter!

 

Sie kann dir zeigen, wie man hinhören und Gottes Willen erkennen kann.
Sie kann dir zeigen, wie man sich auf Gottes Ruf einlassen,
wie auch dein Leben Inhalt und Sinn erfahren kann.

 

An der Hand deiner Mutter kannst du ganz neu zu Gott,
zu den Menschen und zu dir selbst finden.

 

Auch sie habe ich beim Namen gerufen – Unauffällig und unscheinbar wie sie war ...

 

Und sie ist auf meinen Anruf eingegangen...

 

aus: Lass mich den Weg begreifen –

Spurensuche Berufung © Canisiuswerk 2000

 

 

 

 

 

 

Gebet:

Herr, in dieser Zeit der Probleme und Schwierigkeiten in der Kirche bitten wir dich besonders um Hirten, die deine Herde umsichtig führen und leiten. Wir können sie nicht erwählen und nicht berufen. Du musst es tun. Schicke uns Hirten, wie du einer warst.

Herr, gib uns Seelsorgerinnen und Seelsorger aus Fleisch und Blut, die unsere "Sprache" sprechen, unsere Nöte teilen, die jeden von uns ernst nehmen. Schenke allen Seelsorgerinnen und Seelsorgern einen starken Glauben und eine glühende Liebe, unerschöpfliche Geduld und echte Weisheit, aber auch Demut und Mut!

Herr, schicke uns Seelsorgerinnen und Seelsorger, die uns nachgehen, die für uns Zeit haben, die mit uns beten und feiern, weil du ihr und unser aller Vorbild bist.

(nach Paul Roth)

 

 

 

MEDITATION

 

Guter Gott, ich bin unterwegs mit anderen.

 

Ich möchte sie mitgehen lassen, aber ich habe selber Probleme, Fragen, Sorgen und weiß oft nicht, wie mein Weg weitergeht.

 

Ich möchte sie mit leben lassen, aber ich fühle mich überfordert.

 

Ich möchte die Fragen anderer hören und höre oft nur die meinen.

 

Ich möchte anderen Mut und Hoffnung machen und spüre selber die Angst in mir.

 

Ich möchte andere nicht abhängen und stehen lassen, aber ich schleppe mich selbst dahin.

 

Ich möchte anderen sagen, dass du der Weg und das Leben bist - und kann es selber nur ahnen. Und trotzdem möchte ich den Weg wagen, der zu den Menschen geht.

 

Es wird ein Weg mit Rückschlägen, Enttäuschungen und Umwegen sein, aber auch ein Weg der Freude und neuer Erfahrungen.

 

Ich möchte den Weg zu den Menschen gehen, weil sich dadurch vielleicht für andere eine Welt ändern kann.

 

Ich möchte den Weg gehen, weil du den Weg für uns Menschen gegangen bist, weil du einer von uns geworden bist, weil wir dadurch wissen, dass der Weg sinnvoll ist und ein Ziel hat. Weil wir auf diesem Weg vielleicht auch dir begegnen …

 

 

 

 

 

GEMEINSCHAFT

Martina Kreidler-Kos

endlich
nicht der nabel der weit sein
nicht in meiner unvollkommenheit
schon alles

nicht alleine vollständig
endlich
ich darf so bedürftig sein
immer einer ergänzung wert

ich bin ein halbes geschöpf
und ohne andere nicht ganz
endlich

der mensch ist nur im doppelpack gut
nur in der vielzahl großartig

der mensch ist als menschheitsfamilie gedacht
endlich

das zauberwort der zukunft heißt nicht ich
das zauberwort der zukunft heißt zusammen

 

Martina Kreidler-Kos

 

NOCH EINE MÖGLICHKEIT

Friedrich Dietz

Ein Junge versuchte, einen schweren Stein fortzuheben. Aber so sehr er sich auch plagte, der Stein ließ sich nicht bewegen. Niedergeschlagen berichtete er es seinem Vater.
"Und du hast alles versucht, um den Stein zu heben?", fragte der Vater.
"Natürlich!", rief der Junge gereizt.
"Nein", sagte der Vater gelassen, "eine Möglichkeit hast du noch nicht probiert: Du hast mich nicht gebeten, dir zu helfen."

 

Aus: 2 Minuten vor dem Tag, Friedrich Dietz, Parzeller/Butzon&Bercker.

 

 

 

AUCH DAS IST AUFERSTEHUNG

Verfasser unbekannt

Steh auf
Wenn dich jemand erniedrigt hat
Wenn dich jemand geschlagen hat
Wenn du dich verraten fühlst -
Auch das ist Auferstehung.
Steh auf
Wenn du meinst, es geht nicht mehr weiter
Wenn du niedergeschlagen bist
Wenn du aufs Kreuz gelegt worden bist -
Auch das ist Auferstehung.
Steh auf
Wenn dich die Probleme rundherum niederdrücken
Wenn du dich am Boden zerstört fühlst -
Auch das ist Auferstehung.
ER ist auferstanden,
nachdem sie ihn verlassen, verraten, verkauft haben
gefoltert, gekreuzigt und getötet.

Verfasser unbekannt

                                                                                                                               S
TEINE BEWEGEN

Johann Pock, Hans Pock

Wer rollt den Stein weg
            vom Grab der Ichsucht
            von erdrückenden Beziehungen
            von niederdrückenden Worten?

Da war einer
            der sprengte sein Grab
            indem er sich
            für andere aufopferte.

Da waren Frauen,
            die sich nicht einschüchtern ließen,
            die Hoffnung gegen Resignation setzten,
            die glaubten, wo alles zu Ende schien.

Ostern ist das Fest
            wo Steine bewegt werden,
            wo sich Gräber öffnen
            wo Licht die Dunkelheit durchbricht,

Ostern geschieht heute,
            wenn ich die Steine in mir selbst
            bewegen lasse
            und dadurch frei werde
            für den Aufbruch in ein neues Leben.

Johann Pock, Ostern 2008 - Siehe Liste der Mitarbeiter

AUFERSTEHEN

Helene Renner


Wo Menschen
aus ihrer Enge finden

Wo Hoffnung
neu entsteht

Wo Zuversicht
wachsen kann

Wo Ängste
überwunden werden

Wo Versöhnung
geschieht

Wo Freude
das Leben prägt

Wo Türen
plötzlich offen stehen

Wo Steine
weggewälzt werden

Wo Liebe
spürbar wird
Überall da
ist Auferstehung

 

 Österliche Bußzeit




KARFREITAG

Ilse Pauls

Wenn der Vorhang
unseres Lebens zerreisst -
was werden wir sehen?
Unsere Schuld?
Unsere Versäumnisse?
Das wird alles
draußen bleiben. -
Unsere Augen
werden übergehen ins Licht,
Du selbst wirst uns
die Tränen abwischen.
Selig sind die,
die geweint haben. -
Du wirst mich rufen,
und ich werde
Deine Stimme erkennen.
Du wirst mich
beim Namen rufen
und ihn zärtlicher sagen
als jemals ein Mensch -
und ich werde wissen:
Ich bin am Ziel.

Aus: Ilse Pauls, Auf dem Weg. Gedichte und Gebete. Edition Club d'Art - International, Klagenfurt 2009.

VERWANDLUNG

Lothar Zenetti

Gestern
die Verwandlung
des Wassers in Wein

Heute
die Verwandlung
des Weines in das Blut des Herrn

Morgen
die Verwandlung
meines Sterbens in sein Auferstehn

 

Aus: Lothar Zenetti, Sieben Farben hat das Licht. Worte der Zuversicht. Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 2006.

 

Meditation

Helene Renner (2020)

Jesus Christus
mit dir will ich aufstehen

gegen Not und Tod
gegen Folter und Leiden
gegen Armut und Elend
gegen Hass und Terror
gegen Zweifel und Resignation
gegen Unterdrückung und Zwang